Diese Steintafel ersetzt eine bereits vor etwas mehr als 20 Jahren dort installierte Tafel, auf der lediglich der Hinweis „Dieses Gebäude diente von seiner Erbauung 1866 bis zum 9.11.1938 als Synagoge“ stand.„Mit diesem Gebäude verbinden wir die dunkelsten Gedanken, die uns an Deutschland erinnern lassen“, sagte Bürgermeister Reiner Brombach gestern bei der Einweihung der neuen Gedenktafel. Denn durch das „verheerende Regime Adolf Hitlers“, das 1933 begonnen habe, sein Unwesen zu treiben, seien damals auch die Bückeburger Juden in ihrer Ehre verletzt, ihres Eigentums beraubt, vertrieben und zum Teil ermordet worden.Von der Judenverfolgung in der Pogromnacht am 9. November 1938 sei auch diese Synagoge betroffen gewesen, führte Brombach weiter aus. Zwar habe das von den Nationalsozialisten in Brand gesteckte Gebäude gelöscht werden können, aber mit jenem Brand habe das jüdische Leben in Bückeburg aufgehört.
Hinweistext zu lapidar
Mehrere Jahrzehnte sei laut Brombach dann „Ruhe“ gewesen, niemand habe über dieses Thema gesprochen. Bis sich schließlich die von dem Lehrer Klaus Maiwald geleitete Geschichtswerkstatt der (mittlerweile geschlossenen) Herderschule diesem Kapitel gewidmet habe, „das man hatte totschweigen wollen“. Damals sei die Idee aufgekommen, die ehemalige Synagoge mit einer Gedenktafel zu versehen. Doch in den Verhandlungen mit den Zeugen Jehovas, die zu jenem Zeitpunkt Eigentümer des Gebäudes gewesen seien, habe man sich nur auf den (eingangs erwähnten) kurzen Hinweistext einigen können – ein Text, der wegen seines lapidaren Inhalts von dem Holocaust-Überlebenden Erwin Rautenberg (letzter ehemaliger jüdischer Mitbürger der Stadt Bückeburg; Anm. d. Red.) indes als Beleidigung und erneute Entehrung der ermordeten Juden empfunden worden sei. Jetzt sei, so Brombach, eine Gedenktafel an der früheren Synagoge angebracht worden, die diesem Gedenken gerecht werde. Zudem habe diese einen Text, mit dem die Jüdische Gemeinde im Landkreis Schaumburg leben könne.Gleichwohl: „Wir müssen den Blick nach vorne richten“, mahnte Brombach. Denn in Deutschland und Europa gebe es Entwicklungen, die dem Antisemitismus Vorschub leisteten und denen man deshalb entgegenstehen müsse.
Die Zeugen Jehovas hätten sich seinerzeit mit dem Argument, unpolitisch zu sein, gegen einen längeren Gedenktext an der ehemaligen Synagoge gesperrt, erklärte Maiwald. Nachdem das Gebäude dann aber 2017 von den Zeugen Jehovas an den Bückeburger Immobilienunternehmer Dennis Roloff verkauft worden sei, habe man sich mit Roloff auf einen Text verständigen können, der sicher auch im Sinne von Erwin Rautenberg (inzwischen verstorben) sei. Finanziert worden ist die neue Gedenktafel nach Auskunft von Maiwald von der Rautenberg-Stiftung.
Mut, Antisemitismus anzusprechen
„So etwas darf sich nicht wiederholen“, mahnte zudem David Winkelhake, Ex-Schüler der Herderschule und Mitglied von deren Geschichtswerkstatt, bezogen auf die Judenverfolgung während des Dritten Reichs. Lange Zeit habe es Mut gebraucht, rechten Antisemitismus anzusprechen – das sei heute nicht mehr so. Der Mut indes, auch über den islamistischen und linken Antisemitismus zu sprechen, der sei „heute noch nicht Mainstream“, gab er zu bedenken. Gerade im Sinne der Integration müsse dieses Thema jedoch ebenfalls angesprochen werden.„Es ist eine Gedenktafel der Besinnung, aber auch eine, die Fragen aufwirft“, befand Marina Jalowaja, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde im Landkreis Schaumburg. So müsse man sich etwa fragen, wie es damals dazu kommen konnte, dass so viele Menschen ermordet worden seien und sich so viele Menschen daran mitschuldig gemacht hätten. Jalowaja zufolge sei es daher „unabdingbar, ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen“. Die neue Gedenktafel bezeichnete sie dabei als „eine Art der Wiedergutmachung“ für die Überlebenden der Judenverfolgung und deren Nachfahren.Musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde vom Posaunenchor der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Bückeburg.